„Bis ans Ende der Welt“

Datum: 07. September 2021
Referent: Dr. Norbert Baumbach
Bericht:
Rita Hofmann

Nach langer Corona bedingter Pause trafen sich die Mitglieder des Vereins wieder zu einem Vortrag im Restaurant Egghölzli. Der Referent war der international bekannte Orchideenkenner Dr. Norbert Baumbach aus Erfurt begleitet von seiner Ehefrau. Der Vortrag war nicht chronologisch und nicht auf eine einzige Reise aufgebaut, sondern umfasste Episoden aus mehr als 25 Jahre, in denen der Autor seit 1994 viele Male in Südamerika unterwegs war. Er zeigte nicht nur die sehr unterschiedlichen Kulturen, Klimazonen und Lebensräume entlang der Anden, sondern auch die Beschwerlichkeiten und Gefahren, mit denen diese Reisen oft verbunden sind. Ziel war es, seltene Orchideen an ihrem Standort zu fotografieren und aussergewöhnlich Orte dieses Kontinents zu erwandern. Die zusammengesetzte Reise entlang der östlichen Andenkette von Süden nach Norden startet in Patagonien, führte über Mendoza in Argentinien nach Bolivien, Peru, Ecuador, und schliesslich über Venezuela per Kanu nach Brasilien.

Der Vortrag begann mit einem Bericht über die Besteigung des Cerro Torre (spanisch: ‚Turm-Berg‘) mit 3128 Meter der höchste Berg Patagoniens, der sich im Nationalpark Los Glaciares am Rande zum Campo de Hielo Sur an der argentinisch – chilenischen Grenze befindet. Das Klima in dieser Gegend ähnelt unserem Klima in Mitteleuropa. Die hübschen Erdorchideen, z. B. die Chloraea magellanica, die in dieser Gegend wachsen, wären bei uns völlig winterhart. Der Wachstumszyklus der südlichen Erdhalbkugel ist aber genetisch in den Pflanzen verankert und es ist bisher nicht gelungen, in auf die Nordhalbkugel umzustellen.

Weiter nach Norden führte die Reise zu den Iguazú Wasserfälle und danach nach Mendoza in Nordargentinien. An trockenen Orten auf dieser Reise findet man Sobralia, Maxillaria und Epidendren.  Penitentes in Mendoza ist der   Ausgangspunkt zur Besteigung des höchsten Berges Amerikas, dem Aconcagua , der trotz seiner fast 7000 m Höhe technisch mit normaler Bergausrüstung in mehreren Tagen bestiegen werden kann.  Das Basislager ist auf 4300 m Höhe.

Von Mendoza in Argentinien gelangt man über einen hohen Pass nach Bolivien und schliesslich nach La Paz, mit auf über 3000 m Höhe gelegen, die höchste Hauptstadt der Welt. Von La Paz war lange die Todesstrasse (Camino de la muerte) in die Yungas die Hauptverbindung nach Coroico. Sie ist heute eine beliebte Wander- oder Veloroute, die immer noch einiges an Gefahren birgt. So macht sie gefährliche Spitzkehren, ist teilweise verschüttet oder abgebrochen. Als Wanderer findet man entlang der vielen Höhenzonen viele interessante Orchideen am Weg, Epidendren, z. B. Epidendrum radicans in vielen Farbvarianten, Maxillarien, Sobralia, sogar Zygopetalum intermedia, dass man selten in der Natur blühend sieht. Über eine Seeverengung ging es von Bolivien nach Peru. Statt auf einer Brücke wird alles auf flachen Flossen transportiert, vom Kleinwagen bis zum Bus.

Eindrückliche Kultur- und Orchideenstandorte sind die Inkafestungen in den Bergen, die der Eroberung des Inkareiches durch die Spanier noch lange Stand hielten. Wenig überlaufen und sehr eindrücklich ist Inka-Festung Sacsayhuamán, bekannter und etwas touristischer ist Machu Picchu.  Cuzco gilt als Eingangstor für beide Sehenswürdigkeiten. Die Festungen liegen am Rand des Nebelwaldes, an dem die Feuchtigkeit Ackerbau erlaubt. Machu Picchu ist neben seinen beeindruckenden Ruinen auch ein beeindruckender Orchideenstandort.  Man findet dort grosse Sobralia dichotoma, Idi gigantea, grosse Gruppen Masdevallia veitchiana, Epidendrum secundum (von den  Inka’s Wiñay Wayna (ever young, genannt).

Von Cuzco ging die Reise weiter Richtung Norden über Leimebamba und weiter nach Chachapoyas und dessen Ruinendorf der Chachapoyas (Nebelkrieger), von denen man nicht sehr viel weiss. Man findet noch zirka 400 Hausruinen auf einem Berg und ihre Totenstätten in Höhlen der Berge. Am Wegrand wachsen Maxillarien und Pleurothallidinae oder auch die Aa.

Moyabamba in Nordperu mit subtropischem Klima nennt sich Welthauptstadt der Orchideen, da sich in ihrem Umland viele grossblütige Orchideen finden, z. B. Cattleya rex und Cattleya maxima. In der Natur in der Nähe sind sie allerdings selten, man sieht sie eher in den Gärten.  Von Peru ging die Reise nach Ecuador und nach Quito.

Quito ist der Ausgangspunkt zur Besteigung des Chimborazo (6200 m), den Alexander von Humboldt 1802 als erster besteigen wollte. Von Quito aus erreicht man auch den Nationalpark Podocarpus an der Ostseite der Anden, der eine grosse Orchideenvielfalt bietet. Er erstreckt sich von 800 – 3600 m und ist artenreich in der Höhe, Individuen reich in eher tiefen Lagen. Orchideen, die von den Bäumen fallen, werden im Garten des Parkzentrums in Augenhöhe auf Baumstämmen platziert und sind so besser sichtbar als in der Natur. Im Tiefland findet man eher Gorgora, Maxillaria, Sobralia. In der Nebelwaldzone Lepanthes gigantea und in Gebieten mit sehr hoher Feuchtigkeit gibt es Orchideen, wie die Fernandezia, die fast ohne Wurzeln in feuchtem Moos leben. Eine der wenigen Bulbophyllum Arten in Südamerika, Bulbophyllum popayanense, kommt ebenfalls vor.  In grosser Höhe findet man Polster von Stelis.

Über Kolumbien ging es in die im Südosten Venezuelas liegende Gran Sabana, inmitten des Nationalparks Canaima, einer riesigen Savannenlandschaft, mit beeindruckenden Tafelberge, den Tepuis. Von einem dieser Tafelberge gelegen fällt der zweithöchste Wasserfall der Erde herab, der Salto Angel. Die Gegend ist nur schwer zu erreichen mit einer mehrtägigen Wanderung.  Eine zweite Tour führte auf einen der Tafelberge. Da Wanderwege praktisch nicht vorhanden sind, unternimmt man eine solche Tour am besten unter der Führung Einheimischer. Zwar ist der Weg beschwerlich, aber er führt vorbei an zahlreichen Orchideen. Man findet Vanillaarten, Catasetum, Odontoglossum, Cattleya violacea und lawrenceana und Sobralia.

Das Ende der Reise war eine abenteuerliche Fahrt auf dem Orinoco zum Amazonas in einem Kanu, 1000 km bis zum nächsten grösseren Ort und ohne Ausstiegsmöglichkeit in den ersten 500 km.

Das Klima Südamerikas in den östlichen Anden ist gekennzeichnet durch eine ausgesprochene Trocken- und eine Regenzeit. In den vier Wintermonaten Mai – August ist der Himmel blau und es ist trocken, der Sommer ist Regenzeit und es regnet sehr ausgiebig, was das Reisen und Wandern sehr beschwerlich macht.  Und natürlich muss man Glück haben, will man Orchideen in Blüte sehen.

Auszeichnungen September 2021